Die Fassung von Otto Bille am 5. August in Unterschleißheim

Seit 1530 die erste bekannte Handschrift über den „Meister Faust“ in französischer Sprache in Metz erschien und 1587 das Volksbuch „Historia von Dr. Johann Faust“ von Frankfurt aus mit vielen nachfolgenden Ausgaben seine Popularität erlangte, sind unzählige Versuche unternommen worden, diesen volksnahen Stoff dramatisch zu gestalten.

Für die Schauspielbühnen steht wohl an erster Stelle das Werk Johann Wolfgang von Goethes. Die dichterischen Versuche von beispielsweise Christopher Marlowe (1588), Gotthold Ephraim Lessing (1755), Adalbert von Chamisso (1803), Christian Dietrich Grabbe (1828), Nikolaus Lenau (1836) und Heinrich Heine (1847) spielen eher keine Rolle.

Doktor Faust in Unterschleißheim

Das Puppenspiel „Doktor Faust“ von 1976 in der Inszenierung von Otto Bille vom Marionettentheater Bille Unterschleißheim hat die selben Urquellen, aber einen anderen historischen Werdegang. Ausgehend von der deutschsprachigen Fassung des Marlowe‘schen Faustspiels, wurde noch im 17. Jahrhundert eine Puppenkomödie niedergeschrieben. In dieser Version wurde erstmals die lustige Person „Pickelhäring“ eingeführt. Sie stand aber mit dem Faustdrama noch in keinem inneren Zusammenhang. Ein Puppenspiel ohne wesentliche Mitwirkung des „Hans Wurst“ hätte im Volksbewusstsein sicher kein Echo gefunden. Seine behagliche, hausbackene Weisheit und sein naiver Mutterwitz sind ein parodistisches Gegenstück des faustschen Strebens. So ist die enge Verschmelzung tragischer und komischer Elemente im Faustpuppenspiel bald in allen landsmannschaftlich geprägten Aufführungen vollzogen worden.

Bekannt geworden sind vor allem fränkische, sächsische, schwäbische und rheinländische Fassungen, die im gesamten deutschsprachigen Raum von fahrenden Puppenspielern aufgeführt wurden. Die Texte sind jedoch nur in den Familien der Spieler gehütet und von Generation zu Generation mündlich überliefert worden.

Sieben Generationen vor Otto Bille sind nun bis zum Jahr 1794 urkundlich nachgewiesen, und es steht fest, dass das Faustspiel des Marionetttentheaters Bille aus der „Rheinischen Fassung“ schöpft. Diese verwandte unter anderem auch der Bonner Germanist und Schriftsteller Prof. Karl Simrock 1832 in seinem Puppenspiel „Dr. Joh. Faust“. Die Inszenierung von Otto Bille (1976) ist am 5. August zu sehen.

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