Die Großherzogin von Gerolstein im Gärtnerplatztheater
Fürstin fischt frischen Fritz
Vor langer Zeit galt die Armee ja einmal als beste Schule der Nation. So auch im kleinen „Großherzogtum“ Gerolstein. In dem fiktiven deutschen Flickenstaat, gestrandet in einer imaginären Zeit um 1840, frönt man einem gepflegten Militarismus, verschafft der Bevölkerung etwas Rückgrat. Dazu gehört natürlich auch ein ordentlicher Krieg. Allerdings führt die gerolsteinische Generalität diesen nicht etwa aus politischen Gründen. Sondern einfach weil diverse Hofschranzen fürchten, die Großherzogin könnte andernfalls auf dumme Gedanken kommen und die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand nehmen. Mon dieu! Denn die titelgebende Monarchin tendiert in ihrem ungestümen Reformeifer dazu, den verknöcherten Beamtenapparat allzu sehr durcheinander zu wirbeln. Nicht länger will sie von ihren Ministern wie eine unmündige Marionette behandelt werden. So orchestrieren die Höflinge eine Liebesaffäre zur Zerstreuung der Großherzogin.
Doch statt in einen tollpatschigen Blaublüter verguckt sich la Grande-Duchesse in einen einfachen Soldaten. Als der nicht so will wie seine Landesmutter, sind präventivschlagartiges Liebeschaos inklusive strategischem Mordkomplott vorprogrammiert. Denn mögen aufgrund der Machinationen ihrer Berater unsere Sympathien zunächst bei der einsamen Großherzogin liegen: dass sie einer hübschen Uniform einfach nicht widerstehen kann, zeigt ihren ambivalenten Charakter.
Die Uraufführung von „Die Großherzogin von Gerolstein“ von Jacques Offenbachs war der Hit zur Weltausstellung in Paris im Jahre 1867. In seiner satirischen Operette nimmt Offenbach aufgeblasene Machthaber und säbelrasselnde Militärs aufs Korn. Der Militarismus als unheilige geistige und gesellschaftsdurchdringende Strömung war in der Lebenswelt des deutsch-französischen Komponisten allgegenwärtig. In seiner geradezu „operettenhaften“ Inkarnation mit schmucken Uniformen überladen mit viel Lametta, schuf Offenbach ein schillerndes Bühnenwerk inklusive einiger seiner schönsten Melodien, das auch heute noch angesichts von Kriegstreiberei und Machtmissbrauch aktueller denn je ist.
Die Großherzogin von Gerolstein hält ab dem 26. Januar Hof im Gärtnerplatztheater. Josef E. Köpplingers pointierter Inszenierung von Jacques Offenbachs Opéra bouffe kommt nach der Premiere 2020 in Dresden jetzt nach München.