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Gleich mehrere Klimaschutzprojekte sollen Bayern noch grüner machen – in jeglicher Hinsicht.
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Das sind aktuell Bayerns wichtigste Klimaschutzprojekte

14. Januar 2022

Das sind aktuell Bayerns wichtigste Klimaschutzprojekte

Klimaschutz ist fraglos eine globale Angelegenheit. Dennoch zählt nicht nur jede nationale, sondern auch regionale Anstrengung. In diesem Sinn kann Bayern gut vorlegen. Einige Projekte stechen allerdings besonders hervor.

Es mag vielleicht manchem etwas zu selbstsicher gewirkt haben, was Markus Söder vergangenen Sommer im Landtag über unser Bundesland äußerte: Deutscher Meister in der Solarenergie, Nummer eins bei Ladesäulen, Waldland Nummer eins. Doch so überzeugt der bayerische Landesvater diese Superlative äußerte, so sehr müssen selbst Kritiker zugeben, dass Bayern es insgesamt mit dem Themenkomplex Klimaschutz ernst meint – und in vielerlei Hinsicht merklich bis sehr deutlich besser dasteht als andere Bundesländer.

Nun haben zwar schon mehrere davon ebenfalls eigene Landes-Klimaschutzgesetze erlassen. Unseres ist allerdings das jüngste und gehört zu den strengsten seiner Art. Nicht zuletzt aufgrund dieser Gesetzgebung hat Bayern jetzt einige Projekte auf der Agenda, die nicht nur sehr respektabel sind, sondern Wirksamkeit im eigenen Bundesland mit Vorbildfunktion für die restliche Bundesrepublik verbinden.

1. Die Renaturierung staatlicher Moore

ein Morgen im Jämtland
stock.adobe.com © Jens Ottoson

Moore und vergleichbare Feuchtflächen stellen im großen Ökosystem der Erde eine Einzigartigkeit dar, die nirgendwo anders einen Vergleich findet. Denn nur in Mooren ist die Stoffbilanz der Pflanzen positiv. Die Photosynthese sorgt also dafür, dass mehr Biomasse entsteht als durch die normalen Kreisläufe zersetzt wird. Zudem stellen diese Flächen extrem potente Speicher für Wasser und CO2 dar. Dadurch sind sie nicht zuletzt wichtige Ausgleichsflächen, die durch ihre Speicherkapazität Überschwemmungen verhindern oder wenigstens abmildern können.

Die positive Stoffbilanz wurde allerdings auch bayerischen Mooren bis in die Gegenwart zum Verhängnis: Unter der Oberfläche bilden sich teilweise gigantische Torfschichten aus abgestorbener, aber nicht zersetzter Biomasse. Getrocknet ist dieser Torf ein brauchbarer Brennstoff – tausende Quadratkilometer allein deutscher Moore wurden deshalb in den jüngeren Jahrhunderten abgeerntet und vernichtet. Hinzu kommt, dass Moore lange Jahre trockengelegt wurden, um Siedlungsflächen zu gewinnen.

Hier hat die bayerische Staatskanzlei sich sehr viel vorgenommen. Ungefähr 55.000 Hektar Moorflächen finden sich im Besitz des Landes Bayern – das ist etwa die anderthalbfache Fläche Münchens. Diese sollen bis 2040 vollständig renaturiert werden. Das bedeutet: Je nach Ausmaß der Schäden wahlweise saniert oder wiedervernässt – falls es sich um bereits trockengelegte Moore handelt.

2. Die Photovoltaik-Pflicht

Schweinemaststall mit großflächiger PV-Anlage, Luftbild
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Es ist eine Tatsache, die schon von zahlreichen Wissenschaftlern und Politikern ausgesprochen wurde: Wenn in Deutschland jede Dachfläche, die dafür geeignet ist, mit Systemen zur Nutzung von Sonnenenergie bestückt wäre, dann wäre nicht nur auf einen Schlag die Energiewende vollzogen, sondern könnte Deutschland zum größten Netto-Exporteur von grünem Strom werden. Denn wir würden in einem durchschnittlichen Jahr gut das Dreifache unseres Eigenstrombedarfs erzeugen.

Obendrein würde das, was jeder für seinen Strom zahlen müsste, bedeutend weniger werden. Denn die Kosten für Solaranlagen sind beträchtlich gesunken, sodass die nötige Berechnung der Kennwerte vor der Anschaffung praktisch immer eine positive Bilanz erzeugt. Bloß kann man einem Land nicht einfach verordnen, Solarsysteme nachzurüsten. Schon deshalb, weil längst nicht jedes Dach konstruktiv dafür geeignet ist. Allerdings möchte Bayern hier wenigstens zukünftig „Nägel mit Köpfen machen“. Und das an gleich mehreren Fronten:

  • Alle gewerblich genutzten Neubauten im Freistaat müssen ab Stichtag 1. Juli 2022 zwingend mit Photovoltaik ausgerüstet werden.
  • Es soll ein Solarkataster aufgebaut werden, das alle Dachflächen Bayerns erfasst. Bislang gibt es ein solches nur für einzelne Kommunen und Kreise, etwa das des Landkreises München.
  • Entlang von Autobahnen soll verstärkt Photovoltaik ausgebaut werden. Damit werden diese sowieso schon bebauten Schneisen besser genutzt und es werden weniger andere Naturflächen bedeckt.

Ferner will der Freistaat Dachflächen in staatlichem Besitz stärker an die Kandare nehmen: Hier ist der Plan, 1.300 im Staatsbesitz befindliche Dächer mit Photovoltaik zu versehen.

3. Die Holzbau-Offensive

Wooden Roof Skeleton Frame of Building, Construction Contractor Worker Building Wooden Roof Skeleton Frame of the Building. Industrial Theme.
stock.adobe.com © Tomasz Zajda

Holz ist aus verschiedenen Gründen ein sehr klimaverträglicher Rohstoff. Insbesondere dann, wenn er dicht an seinem Wachstumsort verwertet wird. In diesem Sinn hat Bayern sehr gute Karten. Denn unser Bundesland kann tatsächlich die größte Waldfläche aller Bundesländer vorweisen – und zwar mit deutlichem Abstand: 2,49 Millionen Hektar (ein Viertel der gesamtdeutschen Fläche) sind es bei uns, gerade einmal 1,35 Millionen beim Zweitplatzierten Baden-Württemberg.

Das macht Bayern tatsächlich zum „Waldland Nummer eins“, von dem Ministerpräsident Söder sprach. Der oft angeführte prozentuale Anteil an der gesamten Bodenfläche des Landes, der bei uns „nur“ 35,3 Prozent beträgt, in anderen Bundesländern jedoch bis zu 40,7 (Rheinland-Pfalz), fällt deshalb nicht wirklich ins Gewicht.

Das heißt, Bayern hat Holz. Das ist gut, denn die angesprochenen Gründe als klimaverträglicher Rohstoff sind deutlich:

  • Das während der Lebenszeit des Baumes im Holz gespeicherte CO2 bleibt über die gesamte Nutzung darin enthalten. Es wird erst wieder freigesetzt, wenn das Holz verbrannt wird oder sich zersetzt.
  • Holz ist der einzige industriell nutzbare Baustoff, bei dessen Herstellung zu wesentlichen Teilen nur Sonnenenergie ausreicht. Dieser Anteil wird umso größer, je kleiner die Distanzen sind, die zwischen Baumstandort, Sägewerk und Nutzungsort anfallen und je klimaneutraler Fällung, Transport und Zerlegung erfolgen.
  • Die generelle Energie- und CO2-Bilanz von Holz als Baustoff ist extrem förderlich. Die allermeisten anderen Baustoffe müssen diesbezüglich mit deutlich stärkeren Auswirkungen auf das Klima hergestellt werden.
  • Es sind für den Abbau keine Verheerungen der Landschaft vonnöten – wie es beispielsweise in den westlichen Bundesländern noch in den 1980ern durch den dortigen Abbau von Bims und anderen Vulkangesteinen vielerorts zu sehen war.

Kein Wunder also, dass die Staatskanzlei das bayerische „Holz vor der Hütt’n“ exzessiv als Baustoff nutzen möchte. Der Plan ist eindeutig: Staatliche Bauprojekte sollen „wo immer möglich“ unter möglichst starker Einbeziehung von Holz durchgeführt werden. Leuchtturmprojekt soll unter anderem der neue Kunstcampus von München werden.

Dicht mit diesem Leitgedanken verwandt ist Bayerns Plan, dass künftig Neubauten in staatlichem Besitz grundsätzlich mit einer KIimafassade versehen sein müssen. Darunter versteht man auf diverse Arten begrünte, „lebende“ Fassaden. Damit einher geht eine bessere Abschattung der Wände, dadurch geringere Aufheizung im Sommer und ein deutlich verbessertes lokales Klima – wichtig vor allem in Städten.

4. Die Mobilitäts-Offensive

Altmühltal-Jägersteig
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Dass sich Mobilität, so wie wir sie seit dem Ende des Krieges definieren, grundlegend wandeln muss, um ihren gigantischen Abdruck auf das Klima zu reduzieren, wird von keinem Experten mehr angezweifelt. Allerdings ist ein echter Mobilitätswandel eine Münze mit gleich mehreren Seiten:

  • Es muss generell die Notwendigkeit für möglichst viele Menschen reduziert werden, überhaupt jeden Tag und/oder über weite Distanzen mobil zu sein.
  • Es sollen möglichst wenige Mittel des (motorisierten) Individualverkehrs benutzt werden. Insbesondere dann, wenn diese – wie heute üblich – trotz enormer Abmessungen und Energieverbräuche nur eine Person befördern.
  • Dazu ist es nötig, die Mobilitätsbedürfnisse möglichst vieler Menschen entweder zusammenzufassen (im ÖPNV) oder, wo dies nicht geht, die Nutzung tatsächlich klimaneutraler Mobilitätsformen besonders attraktiv zu machen. Insbesondere durch die Erleichterung der Nutzung des Fahrrads und artverwandter Fahrzeuge mit Muskelkraftantrieb.
  • Der notwendige motorisierte Verkehr soll so schnell und tiefgreifend wie nur möglich elektrifiziert werden. Nur auf diesem Weg ist es machbar, via Ökostrom einen wirklich CO2-neutralen Betrieb zu ermöglichen.

Erst zusammen entsteht ein wirklich in jedem Sinn „nachhaltiger“ Effekt. Was sich Bayern diesbezüglich vorgenommen hat, ist sehr ambitioniert, aber eben auch im Erfolgsfall sehr wirkungsvoll:

  • Bis 2030 sollen im Freistaat zehnmal mehr Ladesäulen für Elektrofahrzeuge stehen als bisher. Das wären nach Angaben der Staatskanzlei dann zirka 70.000 Säulen.
  • Vor staatlichen Behörden sollen prominent sichtbare Ladesäulen installiert werden, die ausschließlich mit Ökostrom versorgt werden.
  • Bis 2040 sollen alle in Bayern verkehrenden Busse und Bahnen mit grünen Antrieben ausgerüstet sein. Besonders bei der Bahn soll sich dies auch durch die Nutzung von grünen Treibstoffen manifestieren, wo bislang herkömmlicher Dieselkraftstoff genutzt wird.
  • Es soll eine Fahrradoffensive gestartet werden. Diese beinhaltet nicht nur Radschnellwege, sondern Fördermittel für den Ausbau von Radwegen zwischen den Kommunen, den Ausbau von Radwegen ohne Bezug zu bestehenden Straßen sowie ein Jobrad-Modell für staatliche Beschäftigte.

Interessant ist zudem, was mit dem ehemals sehr kleinzelligen bayerischen Schienennetz geschehen soll. Dieses einstmals sehr respektable System wurde mit dem Aufkommen von PKW immer unrentabler und deshalb sukzessive stillgelegt. Speziell solche kleinen Bahnstrecken sollen in Bayern künftig wieder reaktiviert und noch bestehende Strecken ausgebaut werden.


Weiteres in der Rubrik Sonstiges und auf der Seite Sonstiges in und um München.