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© Amjith S / Unsplash

Krypto-Hype in München: Aber kann man damit auch zahlen?

24. Juli 2025

München gilt als weltoffen, innovativ und technikaffin. Zwischen Gründerzeitfassaden, Start-up-Hubs und E-Ladesäulen blüht seit einiger Zeit eine Begeisterung auf, die sich weniger an Weißwürsten als an Wallets orientiert: Kryptowährungen haben Einzug in die Gespräche der Stadt gehalten. Vom Blockchain-Event im Werksviertel bis zur Bitcoin-Werbung am Stadion. Digitaler Fortschritt liegt in der Luft.

Münchens Realität im Alltagstest

Ein Blick in Münchens Einkaufsstraßen liefert eine ernüchternde Momentaufnahme. Wer versucht, seinen Cappuccino mit Bitcoin zu bezahlen, wird nicht etwa gebeten, sein Wallet zu scannen, sondern in der Regel freundlich, aber bestimmt auf Bargeld oder EC-Karte verwiesen. Trotz der digitalen Aufbruchsstimmung ist der Alltag weitgehend frei von Krypto-Zahlungen.

Ein paar Ausnahmen bestätigen die Regel. In einschlägigen Portalen lassen sich tatsächlich einzelne Orte aufspüren, die Kryptowährungen akzeptieren. Ein Hanfladen in der Innenstadt, eine Shisha-Bar mit Bitcoin-Option, vielleicht noch ein freiberuflicher IT-Dienstleister irgendwo in Sendling. Was sich hier zeigt, ist jedoch kein flächendeckendes Netz an Möglichkeiten, sondern eine lose Sammlung von Enthusiasten, die Krypto als Teil ihrer Identität betrachten, nicht als echte Alternative zu Euro und Karte.

Supermärkte, Apotheken oder gar öffentliche Verkehrsmittel. Fehlanzeige. Selbst dort, wo die Kundschaft digital-affin wäre, etwa in trendigen Cafés rund um die Maxvorstadt, bleibt das Bitcoin-Symbol an der Tür eher ein theoretisches Gedankenspiel.

Und selbst sogenannte günstige Kryptowährungen, die für Mikrotransaktionen besser geeignet wären, schaffen es kaum aus der Nische. Die Folge: Auch auf der Seite der Nutzer ist kaum jemand bereit, seine Coins im Alltag auszugeben. Wenn der Coffee-to-go nicht in Krypto bezahlt werden kann, bleibt der Gedanke auch im Kopf fern.

Der Hype ist real

Trotz der dünnen Alltagsakzeptanz bleibt eines unbestritten: München liebt den Hype. Spätestens seit Bitpanda als offizieller Krypto-Partner beim FC Bayern auftritt und das halbe Stadion in Plakatwänden voller Token-Sprache gehüllt ist, ist klar: Die Aufmerksamkeit ist da.

Der FC Bayern, immerhin Aushängeschild bayerischer Stärke, hat sich in gewisser Weise zu einem Aushängeschild der Blockchain-Industrie gemacht. Dass dadurch allerdings jemand am Würstlstand sein Bratwurstsemmel mit Ethereum bezahlt, ist bislang nicht dokumentiert.

Auch die Start-up-Szene zeigt sich experimentierfreudig. In den Coworking-Spaces von München wird an digitalen Identitäten gebastelt, Tokenisierung von Immobilien durchgespielt und über DAO-Strukturen philosophiert. Es gibt Meetups, Pitches und Hackathons. Alles mit einem Hauch Silicon-Valley-Flair. Was hier entsteht, ist technologisch spannend, gesellschaftlich visionär und wirtschaftlich nicht zu unterschätzen.

Nur die direkte Verbindung zur Alltagszahlung bleibt aus. Während die Entwickler mit Begeisterung an neuen DeFi-Protokollen tüfteln, bleibt das Kassensystem in der Bäckerei um die Ecke unangetastet.

Technisch machbar, praktisch eine Herausforderung

Dabei wäre die technische Seite gar nicht das größte Hindernis. Wer ein Smartphone bedienen kann, schafft es auch, ein Wallet zu installieren. BlueWallet, Muun oder BitPay sind in wenigen Minuten eingerichtet. Ein QR-Code, ein Scan, fertig ist die Transaktion.

Denn genau hier fängt es an, kompliziert zu werden. Händler müssen ebenfalls ein Wallet haben oder sich mit Zahlungsdienstleistern herumschlagen, die die Beträge direkt in Euro umwandeln. Dazu kommen Fragen wie: Wie wird der aktuelle Kurs bestimmt? Wer trägt das Risiko bei Schwankungen? Was passiert bei Rückerstattungen?

Ein weiteres Problem sind Transaktionsgebühren und Netzwerkbelastungen. Wenn der Bitcoin-Kurs gerade Achterbahn fährt oder das Netzwerk überfüllt ist, kann eine Zahlung plötzlich Minuten dauern oder unverhältnismäßig teuer werden. Dann kostet der Kaffee nicht nur drei Euro, sondern vielleicht auch noch 1,50 Euro an Gebühren, je nachdem, wie viel der Netzwerkknoten verlangt.

Das Lightning-Netzwerk verspricht zwar eine Lösung, besonders für kleine Beträge, doch dessen Nutzung ist wieder mit einem technischen Mehraufwand verbunden, den sich viele nicht antun möchten. Dazu kommt: Wer einmal aus Versehen an die falsche Wallet-Adresse zahlt, hat verloren. Es gibt keine Bank, die man anrufen kann. Kein Rückgängig, kein „Ups“.

Und so bleibt der Krypto-Zahlvorgang für viele ein spannendes Konzept, aber kein praktisches Zahlungsmittel. Es ist wie mit einem Formel-1-Wagen im Münchner Berufsverkehr. Beeindruckend, aber völlig fehl am Platz.

Was rechtlich beim Bezahlen mit Bitcoin zu beachten ist

Rechtlich betrachtet wird die Sache nicht einfacher. Kryptowährungen gelten in Deutschland als „privates Geld“, was an sich schon für Stirnrunzeln sorgt. Wer mit Bitcoin bezahlt, verkauft gleichzeitig einen Vermögenswert. Ein steuerpflichtiger Vorgang, sofern zwischen Kauf und Zahlung weniger als zwölf Monate liegen.

Das Finanzamt sieht also nicht einfach nur eine nette Zahlung, sondern eine Veräußerung mit möglichem Gewinn. Und diese Gewinne sind, wie alles Gute im Leben, steuerpflichtig. Bei jeder Transaktion müsste eigentlich dokumentiert werden, zu welchem Kurs die Kryptowährung ursprünglich erworben wurde und wie hoch der Gewinn bei der Zahlung ausfällt.

Auch Händler haben keine Freude mit der aktuellen Gesetzeslage. Für sie gelten Umsatzsteuerpflicht, Dokumentationspflicht und buchhalterische Herausforderungen, sobald sie eine Bitcoin-Zahlung akzeptieren. Hinzu kommen rechtliche Unklarheiten bei Rückgaben oder Reklamationen.

Diese Unsicherheiten wirken auf kleine Unternehmen abschreckend. Die Kombination aus steuerlichen Fallstricken, fehlenden Standards und administrativem Mehraufwand sorgt dafür, dass die meisten lieber bei Kartenzahlung bleiben.

Gefälschte Wallets, Quishing und Co.

Zu allem Überfluss gesellt sich auch noch das Thema Sicherheit. München ist keine Insel der digitalen Glückseligkeit, auch hier sind schon Fälle von „Quishing“ aufgetreten. Also Phishing über QR-Codes.

Besonders perfide: Auf der Straße liegende „verlorene“ Paper Wallets, die scheinbar Bitcoins enthalten. Wer neugierig wird und den QR-Code scannt, landet auf einer manipulierten Seite und gibt dort ungewollt Zugriff auf das eigene Wallet.

Die bayerische Polizei warnt regelmäßig vor solchen Maschen. Denn anders als bei Kreditkartenbetrug gibt es im Krypto-Bereich keine Notrufnummer, keine Rückbuchung, keine Gnade. Was weg ist, ist weg und in der Blockchain lückenlos dokumentiert.

Gerade für Neueinsteiger ohne technisches Know-how ist diese Unsicherheit ein echtes Problem. Die Hürde, sich mit Wallets, Passwörtern und Backups zu beschäftigen, wird schnell zur Stolperfalle. Wenn aus Spielerei ein Schaden wird, bleibt nur noch Ernüchterung.

Zukunftsmusik oder bald Alltag?

Technologisch gibt es durchaus Möglichkeiten. Das Lightning-Netzwerk verspricht schnelle und günstige Zahlungen. Digitale Wallets könnten in bestehende Bezahlsysteme integriert werden. Einige internationale Projekte zeigen bereits, dass Krypto-Zahlungen alltagstauglich sein können.

Doch damit es in München wirklich Fahrt aufnimmt, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Händler brauchen einfache, rechtssichere Tools. Nutzer brauchen Klarheit und Vertrauen. Die Steuerpolitik müsste angepasst, die Infrastruktur ausgebaut und die Bildungsarbeit verstärkt werden.

Ob all das passiert, ist offen. Die Euphorie in Start-up-Kreisen ist da, das Interesse der breiten Masse jedoch noch zurückhaltend. Krypto-Zahlungen in München sind momentan eher ein theoretisches Highlight als gelebter Alltag. Technisch möglich, aber gesellschaftlich noch nicht angekommen.

Wer also das nächste Mal mit seinem digitalen Geldbeutel in der Münchner Innenstadt unterwegs ist, kann ihn ruhig im Rucksack lassen. Die EC-Karte wird’s wohl auch heute noch tun. Vielleicht nicht für immer, aber für jetzt.


Weiteres in der Rubrik Sonstiges und auf den Seiten München online – Unser Newsletter, München online – Unser Newsletter und Sonstiges in und um München.

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